
Hoch oben, über den Tälern, zwischen Himmel und Stein, steht es – das Gipfelkreuz. Für viele ist es der Höhepunkt einer Wanderung, ein Symbol für das Erreichen eines Ziels. Ein Foto am Gipfelkreuz – das gehört einfach dazu. Doch zunehmend wird aus dem ehrfürchtigen Moment eine selbstverliebte Inszenierung: Menschen klettern auf das Kreuz, hängen sich an die Querstreben, posieren akrobatisch – alles für das perfekte Social-Media-Bild. Was bleibt, ist oft nicht der Moment des Innehaltens, sondern ein Hauch von Respektlosigkeit.

Ob in der Natur, im Straßenverkehr, auf dem Spielplatz oder im Berufsleben: Rücksicht, Respekt und Hilfsbereitschaft scheinen vielerorts auf dem Rückzug zu sein. Was stattdessen dominiert, ist ein immer stärker werdender Fokus auf das eigene Ich – das eigene Ziel, die eigene Meinung, die eigene Freiheit. Besonders im Outdoor-Sport wird diese Entwicklung sichtbar: Dort, wo Menschen sich eigentlich mit der Natur und mit sich selbst verbinden wollen, regieren oft Egoismus, Ellenbogenmentalität und mangelnde Sensibilität gegenüber anderen.

Im Zeitalter von Smartphones, Messenger-Diensten und sozialen Netzwerken scheint es einfacher denn je, mit anderen in Kontakt zu bleiben. Ein kurzer Klick, ein Emoji, eine Sprachnachricht – und schon ist man „verbunden“. Vor allem Jugendliche bewegen sich heute wie selbstverständlich zwischen digitaler und realer Welt. Doch was bedeutet das für ihre Freundschaften?

Manchmal reicht ein Blick über den Kartenrand. Du stehst am Gipfel, atmest tief ein, drehst dich um – und da ist jemand, der dir zunickt. Vielleicht tauscht ihr ein Lächeln aus, ein kurzes Gespräch über den Weg, die Aussicht, den Wind. Und plötzlich ist da mehr als nur Weitblick. Wer draußen unterwegs ist, begegnet anderen Menschen anders. Ehrlicher, offener, ungekünstelt. Kein Smalltalk zwischen zwei Drinks, kein Scrollen durch Profile, keine Maske. Stattdessen: Matsch unter den Schuhen, Wind im Gesicht und ein echtes Gespräch am Lagerfeuer.